Exkursion der Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen zum Reichsparteitagsgelände und Dokuzentrum
„Dies war schließlich nicht der erste Vorfall dieser Art in Nürnberg“ - mit diesen Worten mahnte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Öffentlichkeit zu strikterem Vorgehen gegen Neonazis, nachdem die rechtsextreme Gruppe „Wodans Erben“ das Zeppelinfeld auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu einem Fackelzug missbrauchte, um die Nazi-Diktatur zu verherrlichen. Zwei Tage vor diesem Vorfall besuchten wir das Dokumentationszentrum – als Exkursion, aber besonders als Mahnung vor der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten.
Im Museum auf dem Reichsparteitagsgelände, das in der nur halb fertiggestellten Kongresshalle untergebracht ist, wurden wir mittels Audioguide und großflächigen Plakaten in das Deutschland unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg eingeführt – ein Land, das mitten in der Krise von Wirtschaft und Gesellschaft vom Putschversuch des gescheiterten österreichischen Malers und ehemaligem Weltkriegssoldaten Adolf Hitler erschüttert wurde. Nach Informationen über die ersten Nürnberger Reichsparteitage der Hitler-Partei NSDAP 1927 und 1929 nahm in der Ausstellung insbesondere Hitlers Machtübernahme anhand authentischer Filmaufnahmen und das alltägliche Leben in der Diktatur, verdeutlicht durch Schulbücher, private Fotoalben und dem Poesiealbum einer Grundschülerin, das mit antisemitischen Hetzkarikaturen von dem „bösen Juden“ gefüllt war, breiten Raum ein. Natürlich war neben dem Holocaust und dem zweiten Weltkrieg auch die Reichsparteitage, die auf dem Nürnberger Gelände in der Vorkriegszeit der Herrschaft der Nazis von 1933 bis 1938 stattfanden, ein Schwerpunktthema. Beleuchtet wurde unter anderem der Ablauf eines Parteitages, der Aufbau des Geländes und Hitlers aufgrund des Krieges nie vollendete weitere Baupläne. Wichtig war auch die Rolle Nürnbergs für die Diktatur als wichtige Hochburg bei Wahlen vor der Machtübernahme, aber auch als ideologischer Mittelpunkt und Ort der letzten schmachvollen Niederlage der Nazis bei den Nürnberger Prozessen. Als Höhepunkt des Besuches konnten wir die nach der Diktatur errichtete Aussichtsplattform in der Kongresshalle besteigen und uns so einen Überblick über die Dimension des Innenhofs der Halle, die nie ein Dach bekommen hatte, verschaffen.
Bei der Führung über das Außengelände rund um den Dutzendteich wurden uns zunächst die größenwahnsinnigen Baupläne von Hitler und seinem Lieblingsarchitekten Albert Speer beschrieben und anhand der Kongresshalle, die bei Baustopp nur die Hälfte der geplanten Höhe von 70 Metern erreicht hatte, verdeutlicht. Auf der „großen Straße“, gedacht als Aufmarschweg für die nationalsozialistischen Organisationen, war die ideologische Bedeutung Nürnbergs erkennbar: die Straße wurde so gebaut, dass bei klarem Wetter der Blick von dem Weg auf die Kaiserburg möglich und somit eine Verbindung der Diktatur zum alten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation geschaffen war. Den Abschluss der Führung bildete nach Informationen über nie verwirklichte Projekte wie das „Deutsche Stadion“, eine Sportarena für 405.000 Zuschauer, der Besuch des Zeppelinfeldes mit der Zeppelintribüne, Ort großer Masseninszenierungen der Partei, der besonders bekannt für seinen aus 150 Scheinwerfern gebildeten und sakral anmutenden „Lichtdom“ war.
Am Ende fühlt man sich auf dem Gelände klein – eigentlich ein Ziel von Hitler und Speer, die die absolute Unterordnung des Einzelnen unter die „Volksgemeinschaft“ forderten – aber nicht gegenüber vermeintlicher Größe einer untergegangen Diktatur, sondern vor der dem Größenwahn der Nazis, einem mörderischen Glauben von rassischer Überlegenheit des „arischen Germanen“. Unweigerlich kommt die Frage auf: „Was kann ich bei 75 Jahre zurückliegenden Verbrechen tun?“ Man kann nur aufstehen und sich engagieren – gegen Neonazis, aber insbesondere gegen das Vergessen. Denn diese Untaten dürfen nie vergessen werden. Niemals.
Florian Herrmann (9a)
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