Auf den Spuren der Völker der Welt
„Völker der Welt – schaut auf Berlin, wo eine Mauer fiel, ein Kontinent sich vereinigte und der Lauf der Geschichte bewies, dass keine Herausforderung zu groß ist für eine Welt, die zusammensteht.“ Barack H. Obama, 44. Präsident der USA
Den Blick nach Berlin, den schon Ernst Reuter und Barack Obama allen Völkern der Welt wärmstens ans Herz legten, wagte auch die Q12 im Rahmen ihrer Abschlussfahrt vom 16. bis zum 21. September 2021. Uns wurde dabei eine turbulente Mixtur aus Geschichte, Kultur und Großstadtleben geboten.
Diese Vielfalt wurde uns bereits während des Rundganges durch die Stadt am Tag unserer Ankunft verdeutlicht, als wir von sozialistischer DDR-Architektur am Alexanderplatz über das Barockimitat des wiedererrichtenten Berliner Schlosses hin zum frühklassizistischen Brandenburger Tor geführt wurden.
Allerdings befassten wir uns während unserer Fahrt nicht nur mit den Errungenschaften der preußischen und deutschen Baukunst, sondern auch mit den dunkeltesten Tagen unserer Geschichte, als wir tags darauf das Denkmal für die ermordeten Juden Europas auf dem Gelände von Hitlers ehemaliger Reichskanzlei mitsamt dem beeindruckenden unterirdischen Museum zur Shoa besuchten. Mit jüdisch-aschkenasischem Leben in Deutschland zwischen Ultraorthodoxie, Assimilation und Zionismus einen völlig anderen Teilaspekt der Geschichte der Juden hierzulande wählte hingegen das Jüdische Museum Berlin zum Schwerpunkt, durch das wir noch am selben Nachmittag geleitet wurden.
Wir beschäftigten uns jedoch nicht nur mit den direkten Opfern des Nationalsozialismus, sondern am nächsten Tag auch mit militärischer und ziviler Opposition gegen das Terrorregime im Rahmen des Besuchs der Gedenkstätte deutscher Widerstand im Bendlerblock, dem traditionsreichen Sitz des Bundesverteidigungsministeriums, sowie mit den durch Hitlers Krieg aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen östlich von Oder und Neiße. Das neu eröffnete Museum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ bot uns hierzu neben Informationen über heutige globale Migrationsströme einen reichhaltigen Wissensschatz. Den Abschluss des Themenkomplexes „Nationalsozialismus“ bildete am selben Tag die „Topographie des Terrors“ mit mannigfaltigen Zeitzeugenberichten über den Holocaust in Worten, Bildern und Videos auf dem Gelände des ehemaligen Reichssicherheitshauptamtes der SS, der Schalt- und Kommandozentrale des Genozids.
Der nächste Tag stand ganz im Zeichen DDR als zweiter deutscher Diktatur des 20. Jahrhundert, die uns zunächst mittels der Besichtigung der Gedenkstätte Berlin-Höhenschönhausen mitsamt den menschenunwürdigen Einzelzellen, wo der Arbeiter- und Bauernstaat jahrzehntelang politische Gefangene festhielt, nähergebracht wurde. Besonders eindrücklich wurde der Besuch dank der Erfahrungsberichte des Zeitzeugens Henry Leuschner, der als junger Mann beim Versuch der Flucht aus der sozialistischen Diktatur von einer Selbstschussanlage schwer verletzt wurde und anschließend lange in Hohenschönhausen in Isolationshaft saß. Eine Möglichkeit der Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur zeigte anschließend die East Side Gallery auf, wo ein heute noch existenter Teil der Berliner Mauer von Künstlern aus aller Welt kreativ bemalt und somit ein Symbol der starren Trennung zum Zeichen der Einheit, des Friedens und der Multikulturalität wurde.
Mit einem Aufstieg auf die Siegessäule, dem zentralen Symbol nationaler und militärischer Größe Deutschlands am Ende des 19. Jahrhunderts und damit gleichzeitig auch von überbordender Virilität, rücksichtslosen Imperialismus und aggressivem Großmachstreben des wilhelminischen Zeitalters, und dem Genuss des fantastischen Ausblicks von ihrer Spitze begannen wir unseren letzten Tag in Berlin. Selbigen konnten wir gemeinsam mit unserem gesamten Aufenthalt nach einem Rundgang durch das Regierungsviertel mit einer Bootsfahrt auf der Spree und einem Besuch der Hackeschen Höfe, einer heute als ausgefallenes Einkaufszentrum genutzten ehemaligen avantgardistischen und bohemistischen Künstlerkolonie, krönen.
Politisches und wirtschaftliches Herz einer aggressiv aufstrebenden Großmacht um 1900, Geburtsort der Demokratie 1918, Machtzentrale der nationalsozialistischen Barbarei, Frontstadt des Kalten Krieges, multikulturelle Metropole – Berlin war vom Beginn des letzten Jahrhunderts an bis heute häufig das Epizentrum der Geschichte Deutschlands, Europas und der Welt. Die dabei gezeigten zahlreichen Gesichter prägen die Stadt noch immer und machen Berlin heute, wie wir alle selbst erleben durften, zu einem erstklassigen Reiseziel zwischen preußisch-deutschem Erbe, avantgardistischer Gegenwart und internationaler Zukunft.
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